Schlegelsäge Geschichte

 

Die Kleinteiler Schlegelsäge portraitiert im Film von arttv.ch

 

Die Kleinteiler Schlegelsäge wurde 1877 von Peter Ignaz Berchtold erworben und durch ihn bis 1913 am Wissibächli gewerbemässig betrieben. Sein Sohn Josef Berchtold hat die Anlage in der Folge nurmehr gelegentlich benutzt. Im Jahre 1959 erwog Enkel Josef Berchtold die Restaurierung der Säge, um sie der Nachwelt zu erhalten. Dieses Vorhaben scheiterte an der Finanzierung. Josef Berchtold hat die Anlage zum damaligen Zeitpunkt dokumentiert, das Gebäude wurde in der Folge in eine Schreinerwerkstatt umgenutzt.

 

Heute sind in Süddeutschland drei restaurierte Schlegelsägen (im deutschen Sprachraum meist Klopfsägen genannt) in Betrieb. In der Schweiz gab es keine derartige Anlage mehr.

Eine Arbeitsgruppe der Heimatkundlichen Vereinigung Giswil (HVG) hat sich im Verlauf der letzten 2 Jahre mit dem Wiederaufbau der Kleinteiler - Schlegelsäge auseinandergesetzt. Die HVG bezweckt gemäss Statuten u.a. die Geschichte von Giswil zu dokumentieren. In diesem Sinne realisiert sie Projekte zur Rettung bedrohter und erhaltenswerter Kulturdenkmäler. Ein diesbezüglich bereits realisiertes Projekt ist der Wiederaufbau der Chlus Dörsmatt (2000/2001).

Alte Säge: ursprünglicher Standort der Schlegelsäge am Wissibächli

 

Von der ehemaligen Säge besteht heute noch das - in der Zwischenzeit allerdings umgebaute - Gebäude. Ein Wiederaufbau an diesem Standort ist nicht möglich, weil die Wasserführung des Wissibächli infolge teilweiser Nutzung für die Wasserversorgung nicht mehr über eine genügend grosse Wassermenge zum Betrieb der Säge verfügt. Nach Prüfung mehrerer Möglichkeiten hat sich die Arbeitsgruppe für den Standort "Altibach", 250 m neben dem bisherigen Standort, entschieden. Die Generalversammlung 2002 der HVG hat gestützt auf folgenden Konzeptbeschrieb die Übernahme der Trägerschaft zum Wiederaufbau der Kleinteiler - Schlegelsäge beschlossen:

 

Ziele

Der Wiederaufbau soll möglichst originalgetreu sein (so wie die Säge anfangs letztes Jahrhundert in Betrieb war). Die noch vorhandenen Einrichtungen und Teile sind weitmöglichst zu übernehmen. Die Säge soll funktionstüchtig sein und zu Demonstrationszwecken in Betrieb gesetzt werden können.

 

Gestützt auf dieses Konzept wurde ein Baugesuch ausgearbeitet und den Bewilligungsbehörden eingereicht. Die Baubewilligung mitsamt der notwendigen Ausnahmebewilligungen liegt vor.

Das Prinzip der Schlegelsäge

Die Schlegelsäge ist das "primitivste" System einer mit Wasserkraft betriebenen Säge (P. Beda Anderhalden, Wasserkraft-Anlagen in Obwalden, 1929). "Das Wasserrad hat keine Übersetzung. Die Welle des Rades ist ein langer, 60 cm dicker Eichenbaum. ... Unter dem Gatter trägt der Baum an zwei gegenüberliegenden Stellen je eine Rolle von 30 cm Achsenlänge und 15 cm Durchmesser. Das Gatter ist nach unten verlängert, durch einen weiteren Querbalken verstärkt und hat in der Mitte als Verbindung der beiden Querbalken einen eisenbeschlagenen Klotz nach Art eines Rammbären. ... Wenn nun die Welle sich durch die Kraft des Rades dreht, so greift eine Rolle in die Nase ein und hebt das Gatter empor. Bei weiterer Drehung entfernt sich die Rolle und das Gatter fällt durch sein bedeutendes Eigengewicht, und das Sägeblatt schneidet. Gleichzeitig wird nach der Methode der Stupfschaltung der Wagen mit dem Holz um ein Stück vorgeschoben."

Projekt Wiederaufbau 2002

Bau eines Gebäudes (12.7 x 4.8 m)

Wasserzuführung auf oberschlächtiges Wasserrad m, davon 70 m verrohrt und 20 m in Känneln

Wasserrad mit 3.2 m Durchmesser, 23 Kammern à 40 Liter

Rekonstruktion und Wiederherstellung der Sägerei-Einrichtung (Gatter, Wagen)

 

Für den Teil "Sägereieinrichtung" kann nebst noch vorhandenen Teilen und Vorlagen auf die Erkenntnisse anlässlich von Besuchen restaurierter Anlagen in Fröhnd und Hinterzarten, Süddeutschland, sowie auf Publikationen über alte Sägen ("Alte Bauernsägen im Schwarzwald und in den Alpenländern", Herbert Jüttemann, 1984 / "Bauernmühlen im Schwarzwald", Herbert Jüttemann, 1990) abgestützt werden.

Realisierung

Der Wiederaufbau startete im Sommer 2002. Mitte 2004 war der Wiederaufbau vollendet.

 

Bauetappen

2002 Sommer bis Herbst:

Aushub, Untergeschoss betonieren, Holzbau abbinden und aufrichten.

2002/2003 Winter:

Dachschindeln herstellen.

2003 Frühjahr bis Herbst:

Dach decken, Gebäude fertig stellen, Wasserfassung und unterirdische Leitung erstellen, Umgebung anpassen.

2003/2004 Winter:

Wasserrad bauen, Sägeeinrichtung rekonstruieren.

2004 Frühjahr bis Sommer:

Wasserrad und Säge einbauen, Holzkännel bauen, Probelauf und Einstellen der Säge.

 

Der Wiederaufbau erfolgte fast vollumfänglich durch die Initianten des Vorhabens und Helfer, welche zugleich auch Mitglieder der HVG sind. In den 2 Jahren der Realisierung des Wiederaufbaus leisten diese gegen 5'000 freiwillige Arbeitsstunden. Einzig der Bau des Gatterrahmens und des Wagens wurde an ein Holzbauunternehmen vergeben.

 

Finanzierung des Wiederaufbaus

Für das Vorhaben wurde gemäss Projekt mit Fremdleistungen von Fr. 85'000.- gerechnet. Dank dem Geschick und des Einsatzes der Sagibauer (mehrheitlich Pensionierte) beträgt der zur finanzierende Fremdaufwand nur Fr. 40'000. Dieser Aufwand kann durch Unterstützung in Form von Geldspenden und Verzicht auf Rechnungstellung für Lieferungen und Dienstleistungen gedeckt werden. Das Projekt erfreut sich grosszügiger Unterstützung von kulturell ausgerichteten Institutionen, Verbänden und Unternehmungen aus der Wald- und Holzwirtschaft sowie lokalem Gewerbe.

 

... und nun läuft sie!

Die Schlegelsäge im Kleinteil stellt in ihrer Art ein einmaliges Kulturgut dar. Nebst der Sicherung dieses Kulturgutes stellt der Wiederaufbau auch eine touristische Attraktion dar. Die Kleinteiler Schlegelsäge war nach unseren Erkenntnissen eine der letzten Sägen dieser Art in der Schweiz. Heute ist sie einmalig.

Die Schlegelsäge um 1920 am alten Standort

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